Nach dem 1:1 gegen Ungarn vergangenen Samstag, dem vierten Remis in Folge, schien das Projekt „zurück zur Weltspitze“ ins Stocken geraten zu sein. Bundestrainer Hansi Flick selbst sprach nach dieser dritten Partie des Nations League-Turnierabschnitts im Juni von einem Rückschritt. Im Nachhinein muss man aber den Auftritt der deutschen Elf gegen die Magyaren vielleicht nochmal neu bewerten, da die ungarische Mannschaft vermutlich der stärkste der drei deutschen Gegner im Juni war. Letztlich sind die Ungarn nach ihrem sensationellen 4:0-Auswärtserfolg über die Engländer mit 7 Punkten vorerst Gruppenerster vor Deutschland. Genauso wie man die deutsche Leistung gegen Ungarn zu unterschätzen geneigt war, war beim 5:2-Erfolg der Deutschen im Rückspiel gegen Italien am Dienstagabend nicht alles Gold, was glänzt.
Dennoch waren unzweifelhaft viele gute Ansätze und vor allem auch individuelle Leistungssteigerungen zu erkennen. Die deutsche Nationalmannschaft scheint insgesamt auf dem richtigen Weg.
Der klare Sieg über die Azurri im ausverkauften Stadion von Mönchengladbach stimmte am Ende versöhnlich. Hansi Flick bleibt in seiner 13. Partie als Bundestrainer ungeschlagen.
Zwei späte Gegentreffer stören den guten Gesamteindruck
Das 5:2 in Mönchengladbach war der höchste Sieg einer deutschen Mannschaft über Italien seit 83 Jahren. Und er hätte noch höher ausfallen können, hätte man sich in der Schlussphase nicht zwei unnötige Treffer eingefangen.
Beim 1:5 der Italiener nach einem Eckball agierte die deutsche Hintermannschaft zu naiv. Das zweite italienische Tor in der 90. Minute fiel, als die deutsche Abwehr nach der Auswechslung von Süle etwas in Unordnung geriet.
Italien war ungewohnt schwach
Es war also nicht alles perfekt. Auch muss man sagen, dass die Squadra Azzura über weite Strecken ziemlich harmlos wirkten. In der ersten Halbzeit vermieden es die Italiener, den deutschen Spielaufbau zu stören. Ihre kurze Sturm-und-Drang-Phase zu Beginn der zweiten Halbzeit wurde durch Tomas Müllers 3:0 in der 51. Spielminute beendet.
Insgesamt zeigte die DFB-Elf Dienstagabend schon ein starkes Spiel. Die Flick-Schützlinge traten deutlich druckvoller und mutiger auf als in den ersten drei Juni-Partien.
Gewinner und Verlierer in der deutschen Mannschaft
Zu den Gewinnern des Juni-Kurzturniers gehören zweifelsohne Jonas Hofmann und David Raum. Raum glänzte mit Vorwärtsdrang auf der Außenbahn und seinen präzisen Hereingaben. Hofmann empfahl sich nicht zuletzt durch seine zwei Treffer.
Kimmich hinterließ in den Juni-Begegnungen einen starken Eindruck und dürfte einstweilen im deutschen Mittelfeld gesetzt sein. Gündogan empfahl sich als Alternative zu Goretzka, das Pärchen Süle/Rüdiger im deutschen Abwehrzentrum wirkte am zuverlässigsten.
Auch die beiden deutschen Sorgenkinder Leroy Sané und Timo Werner zeigten deutliche Leistungssteigerungen, auch wenn beide von ihrer Bestform noch ein Stück entfernt sind. Insbesondere Timo Werner werden seine beiden Tore für die Zukunft mehr Selbstbewusstsein geben.
Bis zur WM in Katar wartet noch viel Arbeit auf Hansi Flick
Serge Gnabry wird trotz seiner guten Leistung gegen Italien mit keiner Einsatzgarantie rechnen können, da Jonas Hofmann auf seiner Position mindestens ebenso stark spielte. Kai Havertz stellt nach den wenig spektakulären Juni-Eindrücken nicht mehr als eine Alternative dar.
Die deutsche Elf scheint insgesamt auf dem richtigen Weg. Dennoch fehlt es immer noch an Konstanz und Souveränität. Thomas Müller resümierte nach dem Spiel am Dienstagabend, man habe noch allerhand Defizite und könne nicht von einer perfekten Mannschaft sprechen, die keiner schlagen könne. Bis Katar ist freilich noch etwas Zeit …